Die Kunst des Weglassens

Weiße Atemwolken in der Wintermorgenstille. Thomas Kohl ist mit seinen Leuten im Apfelgarten unterwegs. Winterruhe ist eingekehrt, die Säfte in den Bäumen haben sich zurückgezogen, dann sind die Blätter gefallen. Die letzten hat der Herbstwind gepflückt.

Gelassen, von eigenartiger Poesie und fast feierlich ist die Stimmung an diesem Tag. Die kahlen Äste der Bäume malen Zeichen einer nie gehörten Sprache in den seltsam leuchtenden blauen Himmel. Es ist der erste Tag des Winterschnitts.

Viele Tage wird es dauern, bis alle Bäume geschnitten sind. Es ist eine Aufgabe, die am besten macht, wer Erfahrung und Fingerspitzengefühl hat, Wissen und Gespür für das, was genau dieser Baum braucht.

„Es ist eine persönliche Begegnung mit jedem Baum. Du schaust dir an: Wo steht er? Wieviel Sonne bekommt er, wieviel Wind und Regen, welche Bäume stehen links und rechts.“ Die Schere nimmt Triebe und Äste, alles Unerwünschte fort. Was der Baum dafür bekommt ist vitales Wachstum, Licht und Luft für die Früchte bis in sein Innerstes.

Der sorgsame Winterschnitt beendet ein Jahr im Apfelgarten, und zugleich beginnt mit ihm das neue Apfeljahr. „Es ist eine der wichtigsten Arbeiten, die wir machen. Und abgesehen von der Ernte kostet sie am meisten Zeit.“ Auch, weil es wichtig ist, die Arbeit mit Ruhe und Gelassenheit zu verrichten, ist Thomas Kohl überzeugt.